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Innovationen im Druckguss – Das Kult-Event von der Ostalb-Region

Aalener Gießerei Kolloquium 2024

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Thomas Fritsch, Chief Editor

Wenn Prof. Dr. Lothar Kallien und sein Team zum Aalener Gießerei Kolloquium einladen, ist dies stets ein Fest für internationale Experten im Bereich Leichtmetallguss. So auch im Mai 2024, als über 240 Teilnehmer an einem lebhaften Austausch über aktuelle Themen im Gießereiwesen teilnahmen, begleitet von zahlreichen Ausstellern aus der Zulieferindustrie.

Mit seinem Format des Gießerei Kolloquiums  gelingt es der Hochschule Aalen immer wieder, eine interessante Mischung aus Grundlagenforschung, Innovation und industrieller Praxis zu schaffen und gleichzeitig enormes Networking-Potenzial zu bieten.

Vor Ort können die Vorteile und Nachteile von sogenannten Giga-/Megacastings, Nachhaltigkeitsanforderungen für Gießereien und Zulieferer, Innovationen im Formenbau, der gezielte Einsatz von Peripheriegeräten und vieles mehr mit Kunden, Kollegen sowie Vertretern von OEMs und Tier-1-Unternehmen diskutiert werden.

Ein weiteres Highlight war die Verleihung des Zink Die Casting Award 2024 durch Frank Neumann von der Initiative Zink. In diesem Zusammenhang konnte Zink, ein manchmal vielleicht unterschätztes Material, sehr deutlich seine Relevanz und vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis aufzeigen und präsentierte einige herausragende Ergebnisse.--> foundry-planet.com - B2B Portal: Initiative ZINK -10. Zinkdruckguss-Preis – Hier sind die Gewinner

Wie immer wurde die Veranstaltung mit aktuellen Beiträgen zu Forschungsthemen der Hochschule Aalen und einem zünftigen Gießerei-Abend abgerundet. Das Event ist sowohl inhaltlich als auch gesellschaftlich ein fester Bestandteil unseres Kalenders geworden, und wir freuen uns schon auf das nächste Jahr.

Über die Vortragsreihe im Detail:. 

Die Vortragsreihe eröffnete Klaus Hansen von Volvo Cars aus Göteborg mit seinem Vortrag über „Lessons learned optimizing casting flow for Megacastings“. Volvo nimmt gerade die ersten großen Druckgießmaschinen für Aluminiumgroßgussteile in Europa in Betrieb. Eine zweite Fabrik wird momentan in Kosice, Slowakei gebaut und soll 2026 fertig gestellt werden.

Die zweite Fabrik neben Göteborg soll mit einer Gebäudegrundfläche von ca. 300.000 m² 250.000 Autos pro Jahr produzieren. Wichtig hierbei zu erwähnen ist, dass weitere potenzielle Fläche genutzt werden könnte, um die komplette Anlage zu spiegeln um 500.000 Autos pro Jahr zu produzieren.

Bei der Planung der Fabrik wurde besonderer Wert auf Materialflüsse gelegt. Im Gegensatz zu der „Just in Time“- Strategie hat Volvo einen Extraktionspuffer integriert, welcher gründliche Inspektionen der produzierten Teile zulässt. Die Hauptherausforderung war jedoch, so Herr Hansen, den traditionellen Gedanken: „das haben wir schon immer so gemacht“ abzulegen und sich auf neue Dinge einzulassen.

Anschließend referierte Dr. Marcel Pfitzer von der Mercedes-Benz AG aus Sindelfingen zum Thema „Nachhaltiger Materialeinsatz in der Karosserie“. Die nachhaltige Unternehmensstrategie der Mercedes-Benz AG setzt sich aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Ökonomie zusammen. Insbesondere im Luxussegment gewinnt der Leichtbau und damit auch der Aluminiumguss immer mehr an Bedeutung. Auch die Zulieferketten sollen bis 2039 durch einen 3-stufigen Ansatz in Richtung Nachhaltigkeit angepasst werden. Hervorgehoben hat Dr. Pfitzer das Thema Topologieoptiomierung: dadurch kann das Bauteilgewicht weiter reduziert werden, was anhand verschiedener BioniCast® genannter Bauteile auch in einer kurzen Filmpräsentation vorgestellt wurde.

Stefan Prockl von der Bühler AG aus der Schweiz sprach über „Megacastings: A Suitability Analysis“. Angesichts der globalen Erwärmung und der daraus resultierenden Umweltkatastrophen wächst der Druck von Regulierungsbehörden und Interessengruppen, die Treibhausgasemissionen in der Automobilindustrie zu reduzieren. Eine von Bühler durchgeführte LCA-Studie vergleicht Aluminiumdruckguss und Stahlstanzteile für die Produktion eines hinteren Unterbodens hinsichtlich ihrer jeweiligen Auswirkungen auf die globale Erwärmung. Mit einem neuen Berechnungsansatz werden alle Emissionen bis Scope 3 erfasst. Die Studie zeigt, wie wichtig umweltfreundlich produzierte Rohstoffe, die für die Produktion benötigte Aktuelle Forschungsthemen der Hochschule Aalen:Energie und ein erhöhter Anteil an Recyclingmaterial sind, um den CO2-Fussabdruck zu reduzieren. Durch den Hebel Megacasting können nachhaltigere, leichtere Gussteile geschaffen werden, die eine weitere CO2 Reduzierung ermöglichen.

Desweitern referierte Dr. Werner Fragner von der Firma AMAG Austria Metall AG über das Thema: „Recyclinggusslegierung mit niedrigem CO2-Fußabdruck für Sicherheitsbauteile“. Vorgestellt wurde die neu entwickelte Recycling-Gusslegierung AlSi7.REC, die bei AUDI für sicherheitskritische Bauteile in Serie geht und auch hohe Designanforderungen erfüllen muss. Ein Recyclinganteil von > 70 % spielt dabei eine zentrale Rolle. Anhand der Recyclinglegierung wird deutlich, was passiert, wenn die Toleranzgrenzen von jahrzehntelang etablierten Werkstoffen hinterfragt und angepasst werden. Die bei Audi für Felgen eingesetzte Legierung besteht alle Belastungstests vom „Curb-Test“ bis zum „Bordstein-Test“ und erfüllt die Anforderungen an Festigkeit und Korrosion.

Marco Bottin von der Firma FORM S.R.L. referierte über das Thema „Innovatives Konzept und Werkstoffe für Druckgussformen“. Es wurden Versuchsreihen zum „High Temperature Die Casting“ vorgestellt. Hier wird eine auf hohe Temperatur aufgeheizte Grafitform genutzt um mit langsamer Formfüllgeschwindigkeit dünnwandige Teile herzustellen. Zur Bewertung des Verfahrens wurde eine Fallstudie an einem PC-Monitorhalter durchgeführt, die zu folgenden Ergebnissen führte: Reduzierte Drücke und Schmelzegeschwindigkeiten sind möglich, Sprühen ist nicht erforderlich, wodurch die Zykluszeit verkürzt werden kann.

Christoph Dörr von der Firma TRUMPF Laser- und Systemtechnik GmbH erläuterte die „Vorteile im Druckguss durch Kohlenstoffstähle aus dem 3D-Drucker“. Die bekannten Vorteile einer 3D-gedruckten, konturnahen Kühlung sind niedrige Oberflächentemperaturen, die Mikrosprühen und damit eine erhöhte Standzeit der Einsätze ermöglichen. Auch Zykluszeiteinsparungen können durch eine konturnahe Kühlung des Angussverteilers erreicht werden. Mit der konturnahen Temperierung kann eine effiziente, homogene und sofortige Temperierung der Angussverteileroberfläche realisiert werden. Kohlenstoffhaltige Stähle sind für den Einsatz im Druckguss besonders geeignet, da sie dem abrasiven Verhalten von Aluminium und den hohen Prozesstemperaturen widerstehen.

Danach stellte Dr. Andreas Mertz das Thema „Gigacasting - gezielter Einsatz von Peripheriegeräten“ vor. Das Vakuumsystem FX VAC kann bei richtiger Einstellung die Gas-/Luftmenge in der Werkzeugkavität und im Gießsystem um bis zu 95 % reduzieren. Mit dem Jet-Kühler FX-JET können Hot Spots durch Verdampfungskühlung gekühlt werden, wodurch Schwindung, Porosität und Anhaftungen reduziert werden. Das flexible Squeeze-System FX-Squeeze führt eine lokale Nachspeisung von Druckgussteilen durch, wodurch Schwindungsporosität vermieden wird.

Aktuelle Forschungsthemen der Hochschule Aalen:

Frau Dr. Heidi Willing referierte über den „Einfluss des Wasserstoff-Eintrags auf die galvanische Beschichtbarkeit von Zinkdruckguss und Entwicklung von Maßnahmen zur Vermeidung (ZiBe3)“. Es wurde festgestellt, dass bei Zinkfolien (99,9 %) und Zamak (Z410) über 200 Stunden keine Wasserstoffpermeation auftrat. Untersuchungen mittels Heißgasextraktion zeigten, dass unbehandelte und qualitativ hochwertige verkupferte Proben kaum Wasserstoff enthielten. Dagegen wiesen Proben mit schlechter Gussqualität deutliche Unterschiede im Wasserstoffgehalt auf. Insbesondere in vernickelten Proben konnte ein signifikanter Wasserstoffgehalt nachgewiesen werden, der auch durch die GDOES-Analyse bestätigt wurde. Die Untersuchungen zeigten, dass sich der Wasserstoff insbesondere bei Proben mit schlechter Oberflächenqualität in die Kupfer- und Nickelschichten einlagert.. Zur Vermeidung der Wasserstoffbildung wurden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen: Optimierung der Gießparameter zur Reduzierung von Oberflächenfehler, mechanische Nachbehandlung zur Reduzierung von Kaltlaufstellen und eine angepasste Spültechnik nach der elektrolytischen Entfettung und Aktivierung während der Galvanisierung.

Max Schütze berichtete über den Einsatz von mehrschichtigen Sandkernen im Druckguss. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG - 505145110) geförderte Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem utg der TU München durchgeführt. Um die Belastungen auf den Sandkern genau bestimmen zu können, wurde ein Prüfstand entwickelt, der flüssiges Aluminium mit Wasser simuliert. Ebenso wurden bereits die Ergebnisse der ersten Versuchsreihe zur Oberflächenqualität der Druckgussteile vorgestellt. Geplant sind Videoaufzeichnungen beim Zerfall des Kerns mit Aluminiumschmelze in der Druckgussmaschine.

Annike Bossert stellte „Innovative Hybride aus Holz und Druckguss“ vor und ging dabei auf den Projektablauf sowie auf ökologische und ökonomische Aspekte ein. Vorteile dieser Hybride sind unter anderem das Leichtbaupotenzial, die kostengünstigen Rohstoffe und der CO2-Speichereffekt. So soll eine Holz-Guss-Hybridbauweise als effiziente Enabler-Technologie für Holz in Fahrzeugstrukturen entstehen.

Dr. Marcel Becker und Thomas Weidler referierten über „Vacural®-Druckguss zur Herstellung innovativer Leichtbauteile aus Aluminium und Magnesium“. Am Beispiel eines Getriebedeckels wurde im Rahmen des Forschungsprojekts Indructec-E das Leichtbaupotenzial von Aluminium und Magnesium aufgezeigt. Durch die Optimierung des Gussteils konnte das Bauteilgewicht bei Aluminium um 34 % und bei Magnesium um 51 % reduziert werden. Zusätzlich konnten die Kosten um > 40 % und der CO2-Fußabdruck um > 60 % reduziert werden.

Valentin Ziegler erläuterte „Eigenschaften einer Sekundärlegierung in Abhängigkeit von der Legierungszusammensetzung - AlSi10MnMg“. Die Festigkeit wird durch die Erhöhung des Recyclinganteils positiv beeinflusst, die Dehnung nimmt jedoch bei deutlich höheren Gehalten teilweise ab. Die Korrosionsbeständigkeit nimmt mit höheren Kupfer- und Zinkgehalten ab und die Wärmeleitfähigkeit wird durch die Wärmebehandlung teilweise überlagert. Bei der Untersuchung konnte ein CO2-Fußabdruck von 1,2 kgCO2/kg erreicht und ein Recyclinganteil von 85 % simuliert werden. Dieses Vorhaben wurde in Zusammenarbeit mit der Fa. Handtmann durchgeführt.

Den Abschluss der Vortragsreihe bildete Axel Kansy mit seinem Vortrag „Untersuchung der zyklischen Eigenschaften von Zinkdruckguss“. Es wurde festgestellt, dass beim quasistatischen Werkstoffverhalten die Prozessparameter keinen eindeutigen Einfluss haben und die Zugfestigkeit und Bruchdehnung der dickeren Proben höher ist. Eine höhere ertragbare Spannungsamplitude wurde bei ZP0430 im Vergleich zu ZP0410 festgestellt. Bei den metallographischen Untersuchungen besteht eine signifikante Korrelation zwischen Wanddicke und mittlerer Korngröße.


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